...Schnell warf er sich eine leichte Sommerjacke über, fand sich auf der Straße vor dem Haus wieder, des Weges dorthin nicht erinnernd, wartete, den Rücken zur Straße gekehrt, ab und zu über die Schultern luschernd, ob sie denn schon vorbeikäme, ließ sie auf der anderen Straßenseite an sich vorbeigehen und schloss sich im gleichen Tempo dem Fortgang der feurigen, rothaarigen, zur Wirklichkeit gewordenen Traumfrau an. Er fühlte sich erinnert an seine Jugendjahre, erinnert an den so sehr geliebten Geschichtsunterricht in der Schule, an all die Bücher, die ihm so viele andere Welten zeigten, ihn durch all die Jahrhunderte begleiteten. Er fühlte sich erinnert an das Hexentreiben im Mittelalter. Er trieb über Kopfsteinpflaster, an Handwerkshäusern vorbei, durch Straßen und Gassen, er trieb an Plätzen vorbei, trieb mit vielen hundert anderen Menschen durch die schlechten und auch durch die guten Wohnviertel, vorbei am Rathaus, grölend, schimpfend, Flüche herausschreiend, manche den Herrgott um Hilfe anbittend. Das Blut der Massen brodelte, der Boden bebte unter dem Stampfen so vieler. Die Gier zum Töten wurde schmackhaft, die trockene Luft tat ihren Teil, der Durst nach warmen Blut, nach zuckenden Gliedern, nach Innereien wurde wach, erfasste Jeden, heizte die Massen an, ließ sie und mit ihr Ralf schneller treiben, dem dunklen Qualm entgegen, dem Geruch von Feuer, verbranntem Holz, dem Scheiterhaufen auf dem Platz vor der Kirche entgegen...
Meinungen
Ich sehe, Denkspiele verspricht ein sehr schönes Buch zu werden. Die gesammelten Novellen beweisen, Dass Ihr Stil viel reifer geworden ist. Auch ist der Einfluss von Franz Kafka unübersehbar. Und deshalb denke ich, Sie hatten ein sehr schweres Leben und haben es auch heute nicht leicht. Talent zu haben ist eine außerordentliche Angelegenheit und bedingt auch außerordentlich empfindsame Nerven. Und die zu haben, ist keine beneidenswerte Sache. Eigentlich habe ich immer ein gewisses Bedauern für Schriftsteller. Katalyn Rayman, Rubrikleiterin "NAGYVILAG" Zeitschrift für Weltliteratur, Budapest
Ausgezeichnet. Meiner Ansicht nach die Beste (der drei vorliegenden Geschichten). Guter Handlungsablauf, die tristgraue, kleinstädtische Stimmung, die Lebensitutation ist in abwechslungsreichen Formulierungen und Bildern fühlbar ... Die Späherin gefällt mir. Bis zum Schluss wird offengelassen, was zugleich zum Titel zurückleitet. Mir kam dazu eigentlich von Anfang an Kafka in den Sinn. Zsolt Bicskei, Autor und Übersetzer
Die Novellen Lola, Blutrot paspatiert und Die Späherin wurden von einem der weltweit bekanntesten ungarischen Schriftstellern Dezső Tanderi (Jg. 1938), der vielfach preisgekrönt auch Kossuth Preisträger ist. Die Texte sind in der in Budapest erscheinenden Zeitschrift für Weltliteratur erschienen.