In diesem Buch geht es nicht um die ganz große Geschichte. Den Anspruch hat die Autorin Ursula Willer nicht. Hier geht es um die vielen kleinen Geschichten eines Kindes, eines jungen Mädchens, einer jungen Frau, die in den Vorkriegs- und Kriegsjahren aufgewachsen ist, kein anderes Leben kannte, keine anderen Umstände und deren Welt sich ganz und gar nur auf das Umfeld, die Großfamilie und die Pole Zuhause und später Schule beschränkten, auf die Gemeinsamkeiten der Familie, so die sonntäglichen Spaziergänge, auf die großen Unterschiede in der kleinen Welt eines Hauses in Rostock, die Unterschiede zwischen dem ersten Stockwerk, der Wohnung der bürgerlichen Großeltern, dem zweiten Stockwerk, der von der Mutter geprägten Kleinbürgerwelt, die – „wie bei armen Leuten“ – oftmals nach Kohlsuppe roch. Für die Erzählerin entwickelt sich aus den vielen kleinen Geschichten die ganz große Geschichte ihres Lebens, verursacht durch die Prägungen und bis ins hohe Alter immer wieder anklingend, wird ihre damalige Erlebniswelt Basis für ihr Denken und Handeln, zuletzt eben auch für ihre persönliche Sichtweise, mit der sie ins Leben geht, es trotz aller Widrigkeiten großartig meistert, nach außen hervorragend besteht, dafür aber den in früher Kindheit erlernten Verzicht ein Leben lang mit sich schleppt, sich gar das eigentlich gewünschte Leben, ihre Träume und Hoffnungen versagt, wie das Versagen in den Kriegsjahren ein ganz fester Bestandteil der Überlebensstrategie geworden war, ob das materielle Versagen oder aber der Verzicht auf Wärme, Geborgenheit und sich ausdrückende Liebe.